Verwirrung im Quadrat

Neulich im Schuhgeschäft: Schuhe. Was auch sonst? Das hat schon mal geklappt.

In einem Ladengeschäft kannst Du Deine Ware so präsentieren, dass die Kunden finden und kaufen oder Du kannst irgendeinem Werbestrategen glauben, dass Du es einfach anders machen musst, als alle anderen. Je nach Deiner Kundschaft wird die eine oder andere Variante besser funktionieren.

In einer Stadt, die es einer inzwischen widerlegten Saga zufolge nicht gibt, gibt es immerhin Schuhgeschäfte. Heute geht es mir dabei um ein ganz besonderes: es geht um ein Mittelklasseschuhgeschäft, das es schon lange gibt und das Schuhe von verschiedenen Herstellern anbietet. Es befindet sich in einer Einkaufsstraße, in der die untere und mittlere Gesellschaftsschicht einkauft.

Verheimliche Deine Preise

Wenn ein Schuhgeschäft extravagantes Fußkleid von für teure Ware bekannte Designern verkauft, finden sich dort üblicherweise Kunden, die sich weniger für den Preis interessieren. Dort erwartet man dann auch persönliche Beratung, viel Zeit und erstklassigen Stil und Service und das Preisschild ist zweitrangig.

In einem Durchschnittsgeschäft mit normaler Laufkundschaft allerdings sollte man doch eher auf die hier verfügbare Zielgruppe eingehen und das tun, was dort erwartet wird: Preise angeben. Das ist dem Schuhgeschäft, von dem ich heute spreche, anscheinend entgangen.

Kreative Ordnung

Ein weiterer Punkt, der mich diesen Artikel schreiben lässt, war der Umstand, dass im ganzen Geschäft nicht ein einziges Regal mit der zu erwartenden Schuhgröße gekennzeichnet war. Bei persönlicher Beratung jedes einzelnen Kunden ist das auch weiter kein Problem, da wird ein Modell vorgeführt und die passende Größe beschafft der Berater dann schon.

In einem Geschäft allerdings, wo der größte Teil der Kunden im Selbstbedienungsmodus ist, muss ich ohne solche Angaben durch den Laden gehen und wenn mir ein Paar Schuhe gefällt, darf ich schauen, ob es diese Schuhe auch in meiner Größe gibt. Wenn dann jedoch verschiedene Schuhe und Größen nach keinem erkennbaren System organisiert sind, verliere ich irgendwann die Lust, weiterzusuchen.

Konzentriere das Personal

Als nächstes könnte ich auf die Idee kommen, einen Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin des Schuhgeschäftes zu fragen, ob es meinen Wunschschuh auch in meiner Größe gibt. Immerhin handelte es sich bei dem Geschäft nicht um eine Billigkette, die sparen muss, wo sie kann, sondern um einen alteingesessenen Laden, der einen guten Namen hat.

Sicherheitshalber waren alle drei Verkäufer*innen hinter einer einzigen Kasse konzentriert und es wurde aktiv dafür gesorgt, dass man diese erst dann erreicht, wenn man einige Minuten in der Schlange gestanden hat, die sich vor der Kasse gebildet hatte. Es ist Sommer 2020, die Corona-Pandemie ist in vollem Gange und da habe ich es nicht so mit dem Drängeln.

Niemand, den ich fragen kann. Keine Größen. Schuhe nur einmal da. Das Personal hinter einer Plexiglasscheibe verbarrikadiert.

Jammere über schlechte Geschäfte

Schade, die Schuhe sahen echt gut aus. Vielleicht hätte ich sie gekauft, wenn ich sie in meiner Größe gefunden hätte oder wenn ich jemanden zum Fragen gefunden hätte, ohne dabei gleich doppelt in der Kassenschlange anstehen zu dürfen.

Von diesem Schuhgeschäft habe ich vor einigen Wochen gelesen, dass die Umsätze stark zurückgegangen wären und dass man kaum noch existieren könne und dass der Staat noch mehr Corona-Hilfe geben müsse.

Ich frage mich, welcher geistreiche Werbestratege sich so einen Unfug ausgedacht und welcher blauäugige Geschäftsführer dafür Geld ausgegeben hat.

Ernsthaft: ja, gegen den Strom zu schwimmen kann Dich erfolgreich machen. Aber da gehört schon mehr dazu, als einfach nur unorganisiert zu erscheinen und dem Kunden keinen Anhaltspunkt zu geben, wo er findet, was er sucht und wie teuer es ist und dann auch noch das verfügbare Personal von der Verkaufsfläche abzuziehen.

In einer schwierigen Zeit wie dieser, da es wegen des Corona-Virus schon genügend Einschränkungen und Besonderheiten gibt, kann es für ein Geschäft nicht gesund sein, eine Strategie einzusetzen, die mehr Verwirrung als Umsatz erzeugt. Hier sollte unbedingt auf Bewährtes und Bekanntes gesetzt werden. Alternativ kann an mehreren Stellen auf eine neue Strategie hingewiesen werden, damit der Kunde nicht ratlos den Saal verlässt. Außer natürlich, Du hast genügend Geld, solche Experimente zu finanzieren. Auch damit kann man sich einen Namen machen.

Egal, was für eine Art Geschäft Du führst oder aufbauen willst, egal, welche Strategie Du letztlich anwendest: bedenke auch äußere Umstände und überlege Dir gut, was Du zu riskieren bereit bist. In die eine wie die andere Richtung. Es kann ja auch von Vorteil sein. 

Grüße aus der Stadt, die es DOCH gibt!

Jörg